Für die einen ist dieses Zeitalter noch das Holozän (das Nach-Eiszeitalter), für andere schon das Anthropozän (das Zeitalter des Menschen). In jedem Fall haben die Menschen seit ihrem Erscheinen auf der Erde nicht nur Tiere gejagt, Beeren gesammelt, Feuer gemacht und Pflanzen kultiviert, sondern auch Hütten gebaut – und hören damit nicht auf. Zugleich verändern sie mit ihren groben Setzungen das Klima.
Unter dem Fokus Anbauen! beschäftigt sich das Center for Literature mit unterschiedlichen Prozessen des Bauens, Umbauens und Anbauens.
Erstens also der Frage, wie Menschen ihre Vorstellungen in architektonischen Formen ausdrücken. Oder – andersrum gedacht: Wie beeinflussen uns Gebäude - Burgen, Hochhäuser, Doppelhaushälften, Kirchen, Museen, Schulen? Wie handeln wir angesichts der Bauten, die uns umgeben? Aber auch: Wie lassen sie uns handeln? Und: In welcher Sprache sprechen wir über diese Architekturen?
Zweitens thematisieren wir den konkreten Umbau, der auf Burg Hülshoff in den kommenden Jahren vonstatten gehen wird. Die Vorburg und weitere Gebäudeteile werden umgebaut und erweitert. Ist die Burg damit selbst wieder temporär, Provisorium? Ja. Und während sie materiell umgebaut wird, bauen Team und Publikum zusammen eine neue und neuartige Institution auf. Es besteht keinen Grund, vor diese Umbauprozesse einen Vorhang zu ziehen und zu sagen: Dahinter wird gebaut. Schauen wir doch lieber gemeinsam beim Bauen zu.
Drittens fällt unter Anbauen! auch der Anbau von Pflanzen, der auf Hülshoff in verschiedenen Formen mindestens seit dem frühen 19. Jahrhundert betrieben wurde, und der uns zur Ökologie überhaupt bringt. Was genau ist der Mensch eigentlich noch in einem Zeitalter, in dem die Natur sich mit Katastrophen wieder als eigentliche Königin des Planeten zu erkennen gibt? Und was bedeutet das für Dichtung? Müssen wir in der Natur sitzen und mit ihr sprechen? Oder gar, wie der Lyriker Daniel Falb fordert, eher die Klimakonferenzen, Politikergipfel, NGO-Aktionen begleiten, also »an Orte gehen, an denen die eigentliche Ökologie stattindet« (Daniel Falb)?