„Wir übersehen, wofür wir keine Namen haben!“ In der Keynote spricht Mithu Sanyal unter anderem über unser gestörtes Verhältnis zur Natur. In der Wahrnehmung, so ihre These, fühlten wir uns als getrennt von ihr. Natur kann auf der einen Seite ausgebeutet, auf der anderen Seite auch gerettet werden. Was aber fehlt, was dringend nötig wäre, ist das Leben miteinander.
In diesem Filmtipp werden zwei ganz unterschiedliche Menschen vorgestellt, die jeder auf ganz eigene Weise ihren Zugang zur Natur gesucht und gefunden haben:
Der gelernte Forstwirt Peter Wohlleben liebt Bäume, begnügt sich aber keineswegs mit Umarmungen. Er hat einen Bestseller geschrieben, der auch die Grundlage für den Film Das geheime Leben der Bäume ist. Selbstverständlich gibt es wunderschöne Wald- und Baumaufnahmen. Wirklich spannend ist aber, was in gut 100 Minuten an Geheimnissen aufgedeckt wird, zum Beispiel über die Kommunikation von Bäumen und mit ihnen lebenden weiteren Lebewesen. Sehr klar kommt auch heraus, dass wir nicht die Natur schützen müssen, weil die sich am besten selbst schützt. Wir Menschen mit unseren lächerlich kurzen Zeiträumen schützen bestenfalls uns selbst - wenn wir es schaffen könnten, nicht immer wieder die gleichen Fehler zu machen. Zu finden bei Netflix.
Zum zweiten Tipp: Der junge Mann drückt dem Typen auf dem Boot noch ein paar große Scheine in die Hand, dann macht er sich auf den Weg in den Dschungel Borneos. Aus dem Off ertönt dank eines indigenen Sprechers die lokale Schöpfungsgeschichte. Bruno Manser ist auf dem Weg, die verlogene, geldsüchtige Zivilisation hinter sich zu lassen. Endlich stößt er auf das nomadisch lebende Naturvolk der Penan, mit dem er ganze sechs Jahre zudammenlebt, ihre Sprache lernt und dabei Tagebuch führt. Mit der Idylle, in der sich sogar eine Romanze anbahnt, hat es ein Ende, als die malaysische Regierung mit der massiven Abholzung und Vermarktung von Tropenholz beginnt und den Lebensraum dieses und auch den der anderen Stämme vernichtet. Bruno ruft zur Einigung und zum Widerstand auf, nach anfänglichen Erfolgen setzt sich aber die Regierung mit Gewalt durch. Bruno verlässt seine neue Familie, um von der Schweiz aus als Menschenrechtsaktivist mit spektakulären Aktionen für den Erhalt des Regenwaldes zu kämpfen. Doch schließlich siegt die Sehnsucht und er kehrt zurück. Er trifft die Penan erneut, seit dem Frühjahr 2000 ist er verschollen. Bruno Manser - Die Stimme des Regenwaldes wird in epischen 2 Stunden 22 Minuten vor den Zuschauern*innen entfaltet. Etwas mehr Realität hätte dem Film gut getan. Der Regenwald ist erstaunlich regen- wie auch insektenfrei. Von indigenen Völkern verstehe ich nicht viel, aber dass sie völlig gewaltfrei, stets lächelnd und befedert um Feuer tanzend dargestellt werden, macht misstrauisch. Allerdings - der Blick auf den schrecklich malträtierten Urwald erzeugt eine angemessene Wut. Als DVD auszuleihen.