Der Begriff ›Deep Work‹ kommt ursprünglich aus dem Bereich der Informatik und wurde vom US-amerikanischen Informatikprofessor Cal Newport verwendet, um einen Zustand tiefer Konzentration zu beschreiben. Denn insbesondere das Programmieren erfordert einen solch andauernden Blick in die zusammenhängenden Strukturen von Codes. ›Deep Work‹ eignet sich vor allem für anspruchsvolle Aufgaben und soll es ermöglichen, das volle Potenzial an Konzentration und Kreativität in einem störungsfreien Arbeitsprozess auszuschöpfen. Diese Art der Versenkung in ein Thema kennen wir aus künstlerischen Arbeitsprozessen, insbesondere dem literarischen Schreiben.
Im Gespräch mit Künstler*innen und Wissenschaftler*innen möchten wir uns in diesem Sinne den tieferliegenden Zusammenhängen von Sprache und Code nähern. In historischer Perspektive starten wir zur Zeit Annette von Droste-Hülshoffs, mit den Entwicklungen und Vorläufern des Digitalen im 19. Jahrhundert. Ada Lovelace, Tochter des Dichters Lord Byron, schreibt zu Lebzeiten Drostes das Programm einer Rechenmaschine, mit dem sie als erste Coderin in die Geschichte eingehen soll. Und wir enden in der digitalen Gegenwart – mit aktuellen Schreib-, Coding-, Forschungs- und Vermittlungsprojekten unserer Gäste.
Gesprächsrunde
Was haben Schreiben und Coden miteinander zu tun? Und die analoge Zeit der Dichterin Droste-Hülshoff mit unserer digitalen Gegenwart? Wie steht es mit dem Geschlechterverhältnis beim Coden? Und wie funktioniert künstlerisches Schreiben im Digitalen? Diese Fragen erforschten wir in unserer Gesprächsrunde.
mit:
Sybille Krämer (Philosophin, Berlin/Bad Belzig)
Julia Hoffmann und Natalie Sontopski (Code Girls, Leipzig)
Ae Ran Kim und Anna-Lena Klapdor (Autorinnen des kollektiven Schreibprojektes Horror Vacui, Düsseldorf/Bochum)
moderiert von Kerstin Mertenskötter (Burg Hülshoff | Center for Literature, Münster)
0 und 1 / Presence und Art
Im Rahmen des Ausstellungsprojekts beschäftigten sich sechs Studierende des Instituts für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien mit Schreiben und Coden.
Sie entwickelten zwei eigene Arbeiten für die Ausstellung, in denen sich Literatur, Digitalität und der Raum des Rüschhaus verbinden. Sie überschreiten die Gegensätze von 0 und 1, von Mann und Frau, von An- und Abwesenheit.
Hier zwei Vorschauen auf das, was uns erwartet:
Wo wir hier sind?
Hier.
Im Rüschhaus.
Nicht hier. Woanders.
Zuhause.
Im Internet.
Unter uns.
Wer wir sind?
Sie.
Wir.
Ich.
Auch ich.
Und ich.
Warum?
Ein Tisch, ein Sessel, ein Monitor mit einer aufrechten Zoom-Verbindung. Sonst nichts. Nur die Zeit, die Sie mit uns verbringen möchten. Bitte, nehmen Sie Platz.
von Florentin Berger-Monit, Sandro Huber & Greta Maria Pichler
–
was ist 0 und 1
was ist mann und frau
was ist dazwischen
was ist das nichts
was ist das darüber hinaus
in der mitte da ist der glitch
der glitch ist etwas
es gibt nicht nur 0 und 1
es gibt 01 01
es gibt 2
es gibt form
es gibt farbe
es gibt blau
das ist die farbe des internets
das ist offiziell
alles hat eine farbe
alles braucht eine farbe
blau ist eindeutig
blau ist das internet
ist die farbe aller
die verlinkt sind
rot hingegen
rot ist die farbe der vergessenen
rot sind die genehmigten löschanträge
rot ist nicht relevant
rot ist nicht blau
rot ist nicht das internet
rot ist 0
welche farbe hat
der glitch?
von Hannah Bründl, Laura Anton & Maë Schwinghammer
Code Girls
Die Code Girls aus Leipzig brachten Interessierten das Code Schreiben bei.
Im Video sprechen sie über ihre Workshops, die Rolle von Frauen in der Computergeschichte und den Zusammenhang von Literatur und Code aus Programmiererinnensicht.
mit:
Julia Hoffmann und Natalie Sontopksi (Code Girls, Leipzig)
Antje Schmidt-Schleicher (Amt für Gleichstellung der Stadt Münster)
Sophia Schulze Osthoff (Stadtbücherei Münster)
Deep Work | Schreiben und Coden, eine Eigenproduktion von Burg Hülshoff – Center for Literature, wird gefördert durch die LWL-Kulturstiftung und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Programm »Digitalisierung in Kultur und Medien«.