Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848) zählt nicht zu den deutschsprachigen Übersetzerinnen, die seit dem späten 18. Jahrhundert mit zunehmendem Selbstbewusstsein an die Öffentlichkeit traten (vgl. Wehinger 2008; Bachleitner 2012) oder kreative Strategien des Übersetzens nutzen, um den Texten eine eigene Handschrift bzw. Signatur der Urheberschaft zu verleihen (Middelhoff 2022; Sanmann 2021). Dennoch spielen Übersetzungen für Drostes Schreiben eine bedeutende Rolle. Drostes Texte zeugen davon, dass sie in hohem Maß Wissen, Narrative, stilistische Prinzipien, Strophenformen und Begriffe aus anderen Sprachen und Kulturen rezipierte, adaptierte und transformierte. Ihre kreativen Umgangsformen mit fremden und fremdsprachlichen Materialien, Topoi und Textstrategien können daher auch als eine Form der Übertragung, des Transfers zwischen Sprachen, Zeiten und Kulturen angesehen werden. Gerade die komplexen intertextuellen Ausprägungen von Drostes Texten stellen deshalb besondere Herausforderungen an die Übersetzung.
Bereits zu Annette von Droste-Hülshoffs Lebzeiten wurden einige ihrer Gedichte ins Englische übersetzt. Mittlerweile wurde eine Reihe von Drostes Gedichten und Prosatexten in mehrere europäische, teils auch außereuropäische Sprachen übersetzt, doch die Zahl ihrer übersetzten Werke ist noch immer überschaubar. Burg Hülshoff – Center for Literature übersetzt seit 2021 im Projekt Trans|Droste Texte Annette von Droste-Hülshoffs. Dafür kommen Übersetzer*innen verschiedener Sprachen digital zusammen, um über ihre Arbeit an den Texten zu sprechen. In mehreren Teil-Laboren tauschen sie sich über sprachliche Besonderheiten aus und behandeln Probleme, die sich beim Übersetzen ergeben. Trans|Droste ist damit Werkstatt, Sprachbegegnungsstätte und Zeitmaschine zugleich. In einem der Labore wurde beispielsweise Drostes orientalisierender Gedichtzyklus Klänge aus dem Orient ins Arabische, Englische, Farsi, Französische, Kurmancî und Türkische übersetzt; weitere Labore widmen sich den Themen Landschaft, Schreiben als Frau und Spuk.
Der Workshop bringt Droste-Übersetzer*innen des Trans|Droste-Projekts, Droste-Forschende und Übersetzungsforschende zusammen, um zum einen das Thema Übersetzung bei Droste historisch zu kontextualisieren, zum anderen nach den Herausforderungen und Potenzialen des Übersetzens von Droste-Texten zu fragen. Der Workshop umfasst einen theoretischen Teil mit wissenschaftlichen Vorträgen und einem Podiumsgespräch, eine praktische Übersetzungswerkstatt, in der Wissenschaftler*innen und Übersetzer*innen gemeinsam einen Droste-Text ins Englische übersetzen, sowie eine Lesung / Performance von Übersetzer*innen aus dem Trans|Droste-Projekt.
Organisiert von Dr. Jörg Albrecht und Danijel Matijević (Burg Hülshoff – Center for Literature, Havixbeck / Münster); Dr. Anke Kramer (Droste-Forschungsstelle / LWL-Literaturkommission, Münster); Prof. Dr. Frederike Middelhoff (Goethe-Universität Frankfurt)
16. February 2024
Page section: 16. February 202414:00
Begrüßung und Eröffnung
Jörg Albrecht (Münster), Anke Kramer (Münster) und Frederike Middelhoff (Frankfurt a.M.)
14:30-15:15
Frederike Middelhoff (Frankfurt a.M.): Zwischen Broterwerb, Kulturvermittlung und künstlerischer Praxis: Übersetzerinnen im frühen 19. Jahrhundert
15:15-16:00
Anke Kramer (Münster): „wohin soll ich sonst mit diesem Findling?“ Übersetzung, Transfer und Transformationen bei Annette von Droste-Hülshoff
16:30-17:15
Elena Polledri (Udine): „Bloße Herzenergießung“? Übersetzerinnen und Vermittlerinnen Annette von Droste-Hülshoffs in Italien
17:15-18:00
Podiumsdiskussion mit Shane Anderson, Barbara Fontaine, Monika Rinck, Kaouther Tabai
19:30-20:30
Trans|Droste – Lecture Performance von Shane Anderson, Barbara Fontaine, Monika Rinck & Kaouther Tabai
17. February 2024
Page section: 17. February 202410:00-11:30
Workshop zum Übersetzen von Drostes Gedicht Instinkt I
12:00-13:00
Workshop zum Übersetzen von Drostes Gedicht Instinkt II
Abreise
Note
Das Programm steht allen Interessierten zur Teilnahme offen.
Um Anmeldung bis zum 11.2.2024 wird gebeten an: alexandra.schwind@lwl.org